- Alaska-Schrift
Von Uyakoq (bekannter als "Neck",
englische Form seines Namens) ab 1900 eigenständig
entwickelte Schrift für das Eskimo (Yup'ik) in
Alaska. Trotz nur geringer Verbreitung ist die
Alaska-Schrift schriftgeschichtlich bedeutend, da
Uyakoq sie im Laufe der Jahre von einer Wort-Bildschrift
hin zu einer Silbenschrift weiterentwickelte.
Literatur A. Schmitt, Die Alaska-Schrift. Marburg
1951.
- Algonkin-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe, die im
Nordwesten Kanadas und der USA weit verbreitet
war. Wichtige Algonkin-Sprachen sind Blackfoot
und Micmac mit je knapp 10.000 Sprechern sowie
Ojibwa (Chippewa) und das Dialektkontinuum Cree-Montagnais-Naskapi
mit jeweils über 50.000 Sprechern. Vor allem in
Kanada sind diese Algonkin-Sprachen noch stark in
Gebrauch. Andere Algonkin-Sprachen sind vom
Aussterben bedroht bzw. bereits ausgestorben. Für
einige ausgestorbene Algonkin-Sprachen der
Neuengland-Staaten (Massachusetts) finden sich
juristisch-administrative Texte aus dem 17.
Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert gab es mehrere
Versuche, Algonkin-Sprachen mit Silbenschriften
zu verschriftlichen (Algonkin-Syllabar; Cree-Schrift).
Zahlreiche Toponyme in Nordamerika gehen auf
Algonkin-Wörter zurück, z.B. Chicago,
Massachusetts, Mississippi, Ottawa. Als Lehnwörter
finden sich im Deutschen z.B. Karibu, Totem,
Mokassin oder Mondamin (ein Handelsname aus dem
Ojibwa-Wort für "Mais"). Die Algonkin-Sprachen
haben einfache Lautsysteme mit nur einer Verschlußreihe.
Die Morphologie kann als agglutinierend-polysynthetisch
gekennzeichnet werden. Die Genus-Distinktion [±belebt]
ist stark ausgeprägt (verschiedene
Pronominalaffixe, suppletive Stämme). Bei der 1.
Person wird inklusiv und exklusiv unterschieden.
Aus dem Zusammenspiel von Belebtheit, Transitivität
und Personenhierarchie ergibt sich eine komplexe
Affixkombinatorik im Hinblick auf die Koreferenz
von Subjekt, direktem und indirektem Objekt im
Verb; Obviation. Die Verblexik und Morphologie
des Cree bildete neben Französischen die
wesentliche Grundlage für die Kreolsprache
Mitchif.
Literatur L. Bloomfield, Algonquian. In:
Linguistic Structures of Native America. N.Y.
1946, 85-129. -- I. Goddard, Comparative
Algonquian. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 70-132. -- D. H. Pentland & H. C.
Wolfart, A Bibliography of Algonquian Linguistics.
2. Aufl. Winnipeg 1982. -- L. Bloomfield, The
Menomini Language. New Haven 1962. -- H. C.
Wolfart & J. F. Carroll, Meet Cree. 2. Aufl.
Edmonton 1981. -- H. C. Wolfart, Sketch of Cree,
an Algonquian Language. Handbook of North
American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 390-439.
- Caddo-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe, die zur Makro-Sioux-Sprachgruppe
gezählt wird. Sprachgebiet: ursprünglich von
North Dakota bis nach Texas, heute nur noch in
Reservaten in North Dakota und Oklahoma. Noch ca.
750 Sprecher. Der nördliche Zweig besteht aus
Arikara-Pawnee und Wichita, der südliche aus
Caddo. Typologisch nehmen die Caddo-Sprachen eine
Zwischenstellung zwischen den anderen zur Makro-Sioux-Gruppe
gerechneten Sprachen (Irokesische Sprachen, Sioux-Sprachen)
ein.
Literatur W. L. Chafe, The Caddoan, Iroquoian,
and Siouan Languages. The Hague 1976. -- W. L.
Chafe, Caddoan. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 213-235. -- D. S. Rood, Sketch of Wichita,
a Caddoan Language. Handbook of North American
Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages.
Washington 1996, 580-608.
- Cherokee (Eigenbez.
Tsalagi)
Südlicher Zweig der irokesischen
Sprachen. Sprachgebiet: ursprünglich im Südosten
der USA, nach Umsiedlung auch in Oklahoma. ca. 22.500
Sprecher. Vor allem im 19. Jahrhundert gab es
eine umfangreiche Schriftlichkeit auf der
Grundlage einer eigenständig entwickelten
Silbenschrift, die ein interessanter Fall von
Stimulusdiffusion ist. Der Halbcherokee Sequoyah
(George Guess, ca. 1760-1843), der Englisch weder
sprechen noch lesen konnte, entwickelte um 1820
eine Silbenschrift mit 85 Zeichen. Als Vorlage
dienten englische Bücher, so daß viele Zeichen
auf lateinische Buchstaben zurückgehen, z.B. (1)
sa-du-i "11" oder (2) ni-ga-du-i "14"
().
Innerhalb weniger Jahre erzielten die Cherokee
beträchtliche Erfolge bei der Alphabetisierung.
Bereits 1828 erschien die erste Zeitung. Die
Schrift wurde vor allem für juristische (z.B.
Verfassung der Cherokee-Nation) und religiöse
Druckwerke verwendet, die fast immer zweisprachig
Cherokee und Englisch erschienen. Daneben
existieren aber auch handschriftliche
Aufzeichnungen von Liedern, Sprüchen zur
Krankenheilung etc. Heute dürften noch ca. 20%
der Cherokee die Cherokee-Schrift lesen können.
Literatur R. B. Holmes & B. S. Smith,
Beginning Cherokee. 2. Aufl. Norman 1977. -- W.
Walker, Native Writing Systems. Handbook of North
American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 158-184.
Chinantekische Sprachen
Zweig der Otomangue-Sprachen im mexikanischen
Bundesstaat Oaxaca mit ca. 100.000 Sprechern.
- Chinook
Nahezu ausgestorbene Penuti-Sprache in
Oregon und Washington, USA. Das Chinook bildete
die wesentliche Grundlage für die Pidgin-Sprache
des nordwestlichen Amerikas, den Chinook Jargon
oder Chinook Wawa.
- Cree-Schrift
Für das Cree (Algonkin-Sprache) im 19.
Jahrhundert von Missionaren entwickelte
Silbenschrift. Sie wurde in abgewandelter und
erweiterter Form auch für Ojibwa (Algonkin-Sprache),
für mehrere athabaskische Sprachen (sogen. Dene-Schrift)
und für das kanadische Eskimo (Inuit) eingeführt.
Früher hauptsächlich für christliche Literatur
verwendet, erlebt die Cree-Schrift eine
Renaissance, da sie beim Druck traditioneller
Texte und Reden sowie von Zeitungen in Cree und
Inuit benutzt wird.
Literatur W. Walker, Native Writing Systems.
Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 158-184.
- Eskimo-Aleutische Sprachen
Isolierte Sprachgruppe mit Verbreitung von Grönland
über den Norden Kanadas bis hin nach Alaska und
den Ostzipfel Sibiriens (Chukotka). Hauptvarietäten
sind Inuit (Inupiaq) und Yup'ik (mit zusammen
mehr als 100.000 Sprechern) und das stärker
abweichende Aleutisch. [Ergänzung; kein Eintrag
im Metzler Lexikon Sprache]
- Hoka-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe mit
Kerngebiet in Kalifornien. Der größte Zweig
sind mit zusammen ca. 2.500 Sprechern die Yuma-Sprachen
Havasupai-Walapai-Yavapai, Mohave und Maricopa im
südlichen Kalifornien und westlichen Arizona.
Die meisten anderen Zweige der Hoka-Sprachen (Karok,
Yana, Pomo, Seri, u.a.) sind dem Aussterben nahe
oder bereits ausgestorben. Die Zugehörigkeit der
mexikanischen Sprachen Tlapanekisch und
Tequistlatekisch (auch Oaxaca Chontal, ca. 8.000
Sprecher) sowie des honduranischen Jicaque ist
umstritten, wie überhaupt die Hoka-Gruppe als
wenig gesichert gilt. Die Hoka-Sprachen besitzen
überwiegend reiche Konsonantensysteme und eine
komplexe polysynthetisch Morphologie; Endstellung
des Verbs. Das ausgestorbene Yana erlangte durch
geschlechtsspezifische Varietäten Bekanntheit.
Literatur W. H. Jacobsen, Hokan Inter-Branch
Comparisons. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 545-591. -- M. Langdon, Some Thoughts on
Hokan With Particular Reference to Pomoan and
Yuman. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The
Languages of Native America. Austin, Texas 1979,
592-649. -- L. Gordon, Maricopa Morphology and
Syntax. Berkeley 1986. -- S. McLendon, Sketch of
Pomo, a Pomoan Language. Handbook of North
American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 507-550.
- Hopi
Nordamerikanische Sprache der uto-aztekischen
Gruppe mit ca. 5.000 Sprechern in Arizona. Das
Hopi wurde durch B. L. Whorf bekannt, der es als
Beispiel für das sprachliche Relativitätsprinzip
benutzte (Sapir-Whorf-Hypothese). Der Mythos vom
"zeitlosen" Hopi ist inzwischen
widerlegt.
Literatur E. Malotki, Hopi Time. Berlin. 1983. --
M. Kalectaca, Lessons in Hopi. Tucson 1978. -- R.
Albert & D. L. Shaul, A Concise Hopi and
English Dictionary. Amsterdam 1985.
- Indianersprachen
- Sammelbezeichnung für die
autochthonen Sprachen Amerikas mit Ausnahme der
Eskimo-Aleutischen Sprachen. Die Indianersprachen
gehören vielen verschiedenen Sprachgruppen an (Mesoamerikanische,
Nordamerikanische und Südamerikanische Sprachen).
Der Versuch Greenbergs, alle Indianersprachen mit
Ausnahme der Na-Dene-Sprachen zu einer
Supergruppe "Amerindisch"
zusammenzufassen, ist auf starke Ablehnung gestoßen.
Literatur J. H. Greenberg, Language in the
Americas. Stanford 1987. -- Diskussion in:
Current Anthropology 28, 1987.
Irokesische Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe im
Nordosten der USA und im Südosten Kanadas. Die
benachbarten Sprachen Mohawk, Oneida und Seneca (einschließlich
Cayuga und Onondaga) bilden in Ontario und New
York State ein Dialektkontinuum mit ca. 4.000
Sprechern (davon ca. 3.000 Mohawk), das im
engeren Sinne als (nördliches) Irokesisch
bezeichnet wird. Stärker weichen die übrigen
irokesische Sprachen ab (irokesische Sprachen im
weiteren Sinne): die nahezu ausgestorbenen
Sprachen Tuscarora und Wyandot (Huronisch) sowie
das Cherokee. Lehnwörter in europäischen
Sprachen sind selten; Toponyme wie Ontario, Ohio
oder Niagara gehen auf irokesische Sprachen zurück.
Die irokesische Sprachen verfügen über einfache
Lautsysteme mit nur einer Verschlußreihe, Oral-
und Nasalvokalen. Sie sind durch eine stark
polysynthet. Morphologie gekennzeichnet. Bei den
Pronomina gibt es besondere Dual-Formen, es wird
bei der 1. Person inklusiv und exklusiv
unterschieden, bei der 3. Person die Genera
masculinum, femininum und neutrum (d.i. nicht
human). Aus dem Zusammenspiel von Belebtheit,
Transitivität und Personenhierarchie ergibt sich
ein komplexes Affixsystem, mit dem Subjekt und
Objekt im Verb koreferiert werden. Die
Unterscheidung zwischen Verben und Nomina ist
wenig ausgeprägt, da die prädikative Verwendung
in Erstposition des Satzes eher thematisch als
semantisch bestimmt ist.
Literatur W. L. Chafe, The Caddoan, Iroquoian,
and Siouan Languages. The Hague 1976. -- M.
Mithun, Iroquoian. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 133-212. -W. L. Chafe, A Semantically Based
Sketch of Onondaga. Bloomington 1970. -- H. Sasse,
Der irokesische Sprachbau. In: Zeitschrift für
Sprachwissenschaft 7, 1988, 173-213. -- W. L.
Chafe, Sketch of Seneca, an Iroquoian language.
Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 551-579.
- Keres
Isolierte nordamerikanische Sprache mit
mehreren Varietäten (Acoma u.a.) in New Mexico,
USA, mit ca. 10.000 Sprechern. Die genetische
Gruppierung mit der Makro-Sioux-Sprachgruppe ist
ungesichert.
- Kiowa-Tano-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe, die sich
in zwei Zweige teilt: Kiowa wird von ca. 800
Personen in Oklahoma gesprochen. Die Tano-Sprachen
Tewa, Tiwa und Towa (Jemez) haben in Arizona und
New Mexiko zusammen ca. 9.000 Sprecher. Die Kiowa-Tano-Sprachen
werden z.T., was jedoch umstritten ist, mit den
uto-aztekischen Sprachen genetisch in Beziehung
gebracht und gemeinsam als Aztec-Tano-Gruppe
bezeichnet.
Literatur I. Davis, The Kiowa-Tanoan, Keresan,
and Zuni Languages. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 390-443. -- L. J. Watkins, A Grammar of
Kiowa. Lincoln 1984.
- Makro-Algonkin-Sprachgruppe
Umstrittener Vorschlag, die Algonkin-Sprachen
mit den Ritwan-Sprachen Yurok und Wiyot aus
Kalifornien sowie mit den Golf-Sprachen (Muskogee-Sprachen)
im Südosten der USA genetisch in Beziehung zu
bringen. Die Gruppierung der Algonkin-Sprachen
mit Ritwan (als sogenannte algische Sprachen)
kann dagegen als gesichert gelten. Die algischen
Sprachen und die Mosan-Sprachen (Wakash-Sprachen)
werden z.T. als Almosan-Sprachen zusammengefaßt.
- Makro-Maya-Sprachgruppe
Heute überwiegend abgelehnter Versuch,
die Maya-Sprachen, die Mixe-Zoque-Sprachen und
Totonakisch zusammenzufassen.
- Makro-Penuti-Sprachgruppe
Vorgeschlagene, aber umstrittene
Gruppierung der Penuti-Sprachen mit dem
isolierten Zuni und den uto-Aztekischen Sprachen.
Weitgehend auf Ablehnung stößt der Versuch,
auch mesoamerikanische Sprachen (Maya-Sprachen
und Totonakisch) und südamerikanische Sprachen (Chipaya
und Araukanisch) zur Gruppe zu rechnen.
- Makro-Sioux-Sprachgruppe
Vorgeschlagene, aber umstrittene
Gruppierung der Caddo-Sprachen, Sioux-Sprachen
und der irokesischen Sprachen sowie der
Einzelsprachen Catawba und Yuchi. Die Gruppe wird
gelegentlich mit Keres und den Hoka-Sprachen als
Supergruppe Hoka-Sioux zusammenfaßt.
- Maya-Schrift
Schrift der klassischen Maya-Kultur
(spätestens ab 300 n. Chr.), die das
entwickeltste Schriftsystem Altamerikas war. Die
Schrift wurde von Sprechern früher Formen des
Chol und des Yukatekischen getragen und kann
inzwischen als im wesentlichen entziffert gelten.
Sie ist eine Mischung aus Silbenschrift und
Wortzeichenschrift (bzw. Bildzeichenschrift),
wobei die Schrift durch eine große
Variationsbreite (zahlreiche Allographe,
verschiedene Schriftrichtungen) gekennzeichnet
ist. Die Maya-Schrift wurde hauptsächlich für
dynastisch-historische, religiöse und
astronomisch-kalendarische Aufzeichnungen
verwendet und ist archäologisch aus Inschriften
auf Monumenten und Keramiken sowie aus wenigen
erhaltenen Handschriften (bes. Dresdener Codex)
bekannt.
Literatur N. Grube, Schrift und Sprachen der Maya.
In: Die Welt der Maya. Mainz 1992, 215-238. -- M.
D. Coe, Breaking the Maya Code. London 1992 (dt.
Reinbek 1995). -- M. D. Coe & J. Kerr, The
Art of the Maya Scribe. London 1997.
- Maya-Sprachen
Mesoamerikanische Sprachgruppe im
südlichen Mexiko und in Guatemala mit ca. 4,5
Mio Sprechern. Der westliche Zweig im
mexikanischen Bundesstaat Chiapas besteht aus den
Tzotzil-Sprachen (ca. 500.000) mit den
Einzelsprachen Tzotzil und Tzeltal sowie aus den
Chol-Sprachen (ca. 160.000) mit Chol, Chontal und
Chorti. Diesem Zweig sind möglicherweise auch
die stärker abweichenden Sprachen Yukatekisch
und Huastekisch (ca. 120.000 Sprecher im nördlichen
Veracruz) zuzurechnen. Ein weiterer Zweig (ca.
140.000) besteht aus Chuj und Tojolabal
einerseits und Kanjobal und Jakaltekisch
andererseits. Im Hochland von Guatemala gibt es
den östlichen Zweig, der sich aus den Mam-Sprachen
(ca. 330.000) mit den Hauptsprachen Mam und Ixil
sowie den Quiche-Sprachen zusammensetzt. Frühe
Formen des Chol und des Yukatekischen waren Träger
der Maya-Schrift. Die Maya-Sprachen sind
agglutinierende Sprachen, wobei in einigen der
Sprachen das Verb eine Tendenz zur Polysynthese
zeigt. Aspektsysteme. Die Klassifizierung von
Objekten und Vorgängen nach Gestalt und Raumlage
ist in starkem Maße lexikalisiert.
Numeralklassifikatoren. Alle Maya-Sprachen sind
Ergativsprachen, meist mit aspektabhängigen
Splitsystemen, im Falle der kolonialen Quiche-Sprachen
jedoch morphologisch und syntaktisch durchgängig.
Literatur L. Campbell, Philological Studies and
Mayan Languages. In: J. Fisiak (ed.), Historical
Linguistics and Philology. Berlin. 1990, 87-105.
-- N. C. England, A Grammar of Mam, a Mayan
Language. Austin 1983. -- C. G. Craig, The
Structure of Jacaltec. Austin 1977.
- Mesoamerikanische Sprachen
Sprachen des alten Hochkulturraums
Mesoamerika, d.i. Mexikos (ohne Nordmexiko) und
Guatemalas, die verschiedenen Sprachgruppen angehören,
aber einen Sprachbund bilden. Viele der vor der
Eroberung durch die Spanier weit mehr als 100
Sprachen sind heute ausgestorben. In Mexiko liegt
der Anteil der Indianersprachigen mit 5,3 Mio. (Zensus
1990) bei unter 10% der Gesamtbevölkerung, in
Guatemala mit ca. 3,3 Mio. bei über 40%.
Spanisch ist als Zweitsprache weit verbreitet und
verdrängt die mesoamerikanischen Sprachen, die
fast nur noch in strukturschwachen Rückzugsgebieten
im südl. Mexiko und in Guatemala stärker
vertreten sind. Die Einflüsse des Spanischen im
Wortschatz (auch Zahlen oder Konjunktionen) und
in der Syntax (Tendenz zu SVO) sind stark.
Mesoamerika ist die einzige Region Amerikas mit
autochthonen Schriftsystemen (spätestens seit ca.
300 vor Chr.; Maya-Schrift). Bald nach der
Eroberung durch die Spanier begannen Missionare,
sich mit den mesoamerikanischen Sprachen zu beschäftigen,
wovon zahlreiche Wörterbücher und Grammatiken
zeugen. Im 16. und 17. Jahrhundert gab es für
verschiedene Sprachen eine von Missionaren und
missionierten indianischen Adligen getragene
Schriftlichkeit unter Verwendung der lateinischen
Alphabetschrift. Heute spielt Schriftlichkeit in
den mesoamerikanischen Sprachen trotz
verschiedener Bemühungen nur eine geringe Rolle
im Rahmen regionaler Folklore. Phonologisch und
morphologisch gibt es große Unterschiede
zwischen den mesoamerikanischen Sprachen, so daß
eine allgemeine typologische Charakterisierung
nicht möglich ist. Dagegen sind bestimmte Lehnwörter
und Lehnbildungen, vigesimale Zahlsysteme sowie
Gemeinsamkeiten in den grammatischen Kategorien
weit verbreitet: Belebtheit, Alienabel-Inalienabel,
Aspekt zentraler als Tempus, Plural oft
fakultativ, Körperteilbezeichnungen als Nomina
mit präpositionaler Funktion, Bewegung und
Richtung anzeigende Morpheme im Verbkomplex. In
den meisten mesoamerikanischen Sprachen erfolgt
die Markierung der Argumente (sowohl Subj. als
auch Obj.) durch ans Verb gebundene Morpheme, während
Kasusmarkierungen an Nomina meist fehlen. Dem
Genitiv entspricht die Konstruktion
Possessivmorphem-Possessum + Possessor. Oblique
Angaben werden durch Postpositionen oder durch
possessivische Nominalkonstruktionen mit präpositionaler
Funktion gekennzeichnet. Das Verb steht meist in
Erstposition (überwiegend VSO), fokussierte NP
treten vor das Verb. Modifikatoren stehen überwiegend
nach dem Bezugswort.
Literatur L. Campbell, Middle American Languages.
L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 902-1000.
-- L. Campbell, T. Kaufman & T. Smith-Stark,
Meso-America as a Linguistic Area. Language 62,
1986, 530-570. -- J. A. Suárez, The Mesoamerican
Indian Languages. Cambridge 1983. [bisher
einziger Versuch einer Übersichtsdarstellung,
jedoch fehlerhaft!] -- N. A. McQuown (ed.),
Linguistics. Handbook of Middle American Indians,
vol. 5. Austin 1967. -- M. S. Edmonson (ed.),
Linguistics. Supplement to the Handbook of Middle
American Indians, vol. 2. Austin 1984. -- V. R.
Bricker (ed.), Epigraphy. Supplement to the
Handbook of Middle American Indians, vol. 5.
Austin 1992. -- L. Campbell, American Indian
Languages. The Historical Linguistics of Native
America. Oxford 1997.
Sondersammelgebietsbibliothek: Ibero-Amerikanisches
Institut Berlin (Bibliothekssigel: 204).
- Mixe-Zoque-Sprachen
Mesoamerikanische Sprachgruppe im südlichen
Mexiko mit ca. 140.000 Sprechern. Einzelsprachen
und Dialekte werden als Mixe, Popoluca und Zoque
bezeichnet. Genetische Beziehungen zu anderen
Sprachen (Makro-Maya-Sprachgruppe) werden überwiegend
abgelehnt. Es handelt sich um agglutinierende
Sprachen mit komplexen, polysynthet. Verbformen,
wobei Subjekt, direktes und indirektes Objekt
durch ein auf einer Personenhierarchie beruhendes
Affixsystem koreferiert werden, Obviation.
Literatur S. Hoogshagen, Coatlán Mixe. In: M. S.
Edmonson (ed.), Linguistics. Supplement to the
Handbook of Middle American Indians, vol. 2.
Austin 1984, 3-19.
- Mixtekische Sprachen
Zweig der mesoamerikanischen Otomangue-Sprachen.
Sprachgebiet: westliches Oaxaca und angrenzende
Gebiete in Mexiko, durch Arbeitsmigranten sekundäre
Verbreitung bis in die USA. Unter Mixtekisch (380.000
Sprecher) im engeren Sinne werden mehrere
Sprachen und Dialekte subsumiert, unter Mixtecan-Sprachen
zusätzlich Trique und Cuicatekisch. Vorspanische
historische Bilderschriften sind bekannt, aus dem
16. und 17. Jahrhundert historisch-administrative
Literatur in lateinischer Alphabetschrift. Heute
gibt es keine nennenswerte Schriftlichkeit in
mixtekischen Sprachen.
Literatur C. H. Bradley & B. E. Hollenbach (eds.),
Studies in the Syntax of Mixtecan Languages. 4
vols. Arlington, Texas 1988-1992. -- M. Macaulay,
A Grammar of Chalcatongo Mixtec. Berkeley 1996.
- Muskogee-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe.
Sprachgebiet: ursprünglich im Südosten der USA,
nach Umsiedlung auch in Oklahoma. Größte
Sprachen sind Muskogee oder Creek (ca. 10.000)
und Choctaw-Chickasaw (ca. 12.000). Die Muskogee-Sprachen
werden z.T. mit anderen, heute ausgestorbenen
Sprachen des Südostens der USA (wie z.B. Natchez)
zur Gruppe der Golf-Sprachen zusammengefaßt,
sowie mit den Algonkin-Sprachen zur Makro-Algonkin-Sprachgruppe.
Choctaw-Chickasaw bildete die wesentliche
Grundlage für den Mobilian Jargon, das Pidgin
des Südostens. Typologisch sind kennzeichnend:
einfache Phonemsysteme mit einer Verschlußreihe,
elaborierte agglutinierende Verbmorphologie,
Kasusmarkierungen, überwiegend Verbendstellung,
Verbendungen, die Identität oder Verschiedenheit
der Subjekte aufeinander bezogener Sätze
kennzeichnen (Switch reference).
Literatur M. R. Haas, Southeastern Languages. L.
Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages of
Native America. Austin, Texas 1979, 299-326. -- G.
D. Kimball, Koasati Grammar. Lincoln 1991.
- Na-Dene-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe. Sie umfaßt
die Athabaskischen Sprachen, das ausgestorbene
Eyak sowie die entfernter verwandten Sprache
Tlingit (ca. 2.000) und Haida (ca. 300), wobei im
Falle des Haida die Zugehörigkeit z.T.
bestritten wird. Na-Dene ist die einzige
indianische Sprachgruppe, bei der es Anzeichen für
genetische Beziehungen außerhalb Amerikas (zu
den Sino-Tibetischen Sprachen) gibt. Als einzige
indianische Sprachgruppe wird sie von Greenberg
nicht zu Amerindisch (Indianersprachen) gezählt.
Literatur H.-J. Pinnow, Geschichte der Na-Dene-Forschung.
Berlin. 1976. -- H.-J. Pinnow, Das Haida als Na-Dene-Sprache.
Heft I-IV. Nortorf 1985. -- M. Dürr & E.
Renner, The History of the Na-Dene Controversy.
In: M. Dürr et al. (eds.), Language and Culture
in Native North America. München 1995, 3-25.
- Nahuatl (auch:
Aztekisch, Mexicano, Nahua)
Uto-Aztekische Sprache in Mexiko mit ca. 1,5 Mio.
Sprechern in verschiedenen Varietäten. In
vorspanischer Zeit erfolgten aus Norden mehrere
Einwanderungswellen nach Zentralmexiko mit südlichen
Ausläufern bis nach Nicaragua. Nahuatl bekam als
Sprache des Aztekischen Reiches und als zweite
Verwaltungssprache in der Kolonialzeit weite
Verbreitung auch als Zweitsprache. Nach der
spanischen Eroberung entstand unter Verwendung
des lateinischen Alphabets eine umfangreiche, vor
allem historisch-administrative Literatur in
Nahuatl; neuere Alphabetisierungsversuche haben
dagegen nur geringen Erfolg. Im mexikanischen
Spanischen finden sich zahlreiche Lehnwörter,
vor allem Toponyme wie z.B. Mexiko, Guatemala,
Popocatepetl und Acapulco. Einige Wörter haben
über das Spanische den Weg ins Deutsche gefunden,
z.B. Tomate, Schokolade, Kakao oder Chilli.
Nahuatl ist typologisch eine mesoamerikanisierte
uto-aztekische Sprachen mit Übernahme der
Konstruktion Possessivmorphem-Possessum +
Possessor als Ersatz für den Genitiv und mit
Tendenz des Verbs in Erstposition zu stehen.
Literatur H. Carochi, Arte de la Lengua Mexicana.
México 1645 (Faksimile México 1983). [nach wie
vor die wohl beste Grammatik des N.] -- M. Launey,
Introduction à la langue et à la littérature
aztèques. 2 vols. Paris 1979-80. -- U. Canger,
Five Studies Inspired by Nahuatl Verbs in -oa.
Copenhagen 1980. -- R. W. Langacker (ed.),
Studies in Uto-Aztecan Grammar. Vol. 2: Modern
Aztec Grammatical Sketches. Arlington, Texas 1979.
- Navaho (Navajo)
Athabaskische Sprache in Arizona, Utah und New
Mexico, USA, die zur südlichen oder Apache-Gruppe
der athabaskischen Sprachen zählt. Navaho ist
mit ca. 150.000 Sprechern die sprecherreichste
Indianersprache in Nordamerika und wird breit
verwendet, obwohl Englisch als Zweitsprache
allgemein verbreitet ist. Es erscheinen Zeitungen
und Bücher in Navaho.
Literatur R. W. Young & W. Morgan, The Navajo
Language -- A Grammar and Colloquial Dictionary.
2. Aufl. Albuquerque 1987.
- Nordamerikanische Sprachen
Indianische Sprachen Kanadas, der
USA und des nördlichen Mexiko; oft sind auch die
Eskimo-Aleutischen Sprachen mit eingeschlossen.
Zahlreiche als nicht verwandt geltende
Sprachgruppen (s. Karte) mit ca. 1,2 Mio.
Sprechern, wobei übergeordneten Gruppierungen
gegenwärtig überwiegend Skepsis entgegen
gebracht wird (Indianersprachen, Makro-Algonkin-Sprachgruppe,
Makro-Penuti-Sprachgruppe, Makro-Sioux-Sprachgruppe).
Die nordamerikanischen Sprachen werden vom
Englischen verdrängt, das von wenigen ethnischen
Gruppen abgesehen Erstsprache ist. Die meisten
der ursprünglich schätzungsweise 300
nordamerikanischen Sprachen sind ausgestorben
oder werden nur noch von älteren Personen
gesprochen, so daß sie trotz intensiver Bemühungen
vom Aussterben bedroht sind; Schriftlichkeit
spielte keine nennenswerte Rolle, obwohl es
eigenständige Schriftschaffungen als Kontaktphänomen
gab. Vor allem in sprecherreicheren
nordamerikanischen Sprachen werden heute verstärkt
Zeitungen u.a. Druckwerke verlegt. Lehnwörter in
europäischen Sprachen sind selten, aber
zahlreiche Toponyme in Nordamerika sind
indianischen Ursprungs. Im Westen Nordamerikas
finden sich überwiegend Sprachen mit komplexen
Konsonantensystemen: 2 oder 3 Okklusivreihen,
glottalisierte Okklusive und z.T. Sonoranten,
labialisierte velare/postvelare Okklusive und
Frikative, mehrere Laterale (insbesondere
stimmloses l, Lateral-"Affrikata"),
phonemischer Kontrast zwischen velar und
postvelar bei Okklusiven und Frikativen) und mit
Neigung zu Konsonantenclustern fast ohne Vokale (oft
Schwa). Im Osten dominieren dagegen Sprachen mit
einfacheren Konsonantensystemen (1 Okklusivreihe,
keine postvelare Konsonanten) und reichen
Vokalsystemen (phonemische Länge, Nasalvokale, z.T.
aber kein phonemischer Kontrast [u] vs. [o]).
Viele nordamerikanische Sprachen sind
agglutinierend-polysynthetisch mit langen Wörtern,
häufig mit Tendenz zur Fusion. Es überwiegen
komplexe lexikalische Einheiten; die
beschreibende Bezeichnung von Gegenständen ist
verbreitet. Vor allem das Prädikat ist oft so
informationsreich, daß viele Prädikationen die
Form von Einwortsätzen haben. In einigen
Sprachgruppen steht dem elaborierten Verb ein
einfaches Nomen gegenüber, in anderen sind beide
morphologisch sehr komplex und derart ähnlich,
daß Nomen und Verb kaum unterscheidbar sind.
Plural wird oft nicht oder nur indirekt (als
Distributiv o.ä.) ausgedrückt, dagegen sind die
Kennzeichnung der Evidentialität, der
Sichtbarkeit/Nichtsichtbarkeit sowie die
Klassifikation von Vorgängen und Objekten nach
Raumlage, Form oder Beschaffenheit weit
verbreitet (verbale Klassifikatoren oder
klassifikatorische Verben, kaum nominale
Klassifikatoren); häufig strenge Unterscheidung
zwischen alienabler und inalienabler Possession.
Pronominale Koreferenz beruht in starkem Maße
auf der Distinktion [±belebt], z.T. verbunden
mit Obviation. Bei vielen nordamerikanischen
Sprachen müssen im Verb alle Leerstellen (Subj.
und Obj.) pronominal oder durch nominale
Inkorporierung des Objekts gefüllt werden, was
meist mit einer klaren Unterscheidung intransitiv-transitiv,
z.T. auch aktiv-inaktiv (Aktivsprache) verbunden
ist. Dagegen sind Sprachen, die Kasus am Nomen
markieren, die Ausnahme; lexikalische Argumente
scheinen eher den Charakter von Appositionen zu
haben. Die Verwendung als Prädikat ist in
Sprachen ohne klare Nomen-Verb-Distinktion eher
thematisch als semantisch bestimmt. Satznexus ist
wenig grammatikalisiert, wobei die Kennzeichnung
von Koreferenz (Obviation; Switch reference) überwiegt.
Aus Nordamerika sind Sondersprachen bekannt wie
die Plains-Zeichensprache und mehrere regional
verbreitete Handelssprachen auf der Basis von
nordamerikanischen Sprachen.
Literatur Linguistic Structures of Native America.
N.Y. 1946. -- J. Sherzer, An Areal-Typological
Study of American Indian Languages North of
Mexico. Amsterdam 1976. -- L. Campbell & M.
Mithun (eds.), The Languages of Native America.
Austin, Texas 1979. -- A. R. Taylor, Indian
Lingua Francas. In: C. A. Ferguson & S. B.
Heath (eds.), Language in the USA. Cambridge 1981,
175-195. -- M. Mithun, Studies of North American
Indian Languages. Annual Review of Anthropology
19, 1990, 309-330. -- L. Campbell, American
Indian Languages. The Historical Linguistics of
Native America. Oxford 1997.
Sondersammelgebietsbibliothek: Staats- und
Universitätsbibliothek Hamburg (18).
- Otomangue-Sprachen
Mesoamerikanische Sprachgruppe mit ca. 1,5
Mio. Sprechern im zentralen und südlichen Mexiko.
Die Gruppe setzt sich zusammen aus den Zweigen
Otopame-Sprachen, Mixtekische Sprachen,
Zapotekische Sprachen, Popoloca-Sprachen,
Chinantekische Sprachen, Amuzgo und dem
ausgestorbenen Chiapanek-Mangue. Die Zugehörigkeit
von Tlapanekisch und Huave ist umstritten. Fast
alle sprecherreicheren Otomangue-Sprachen sind
Konglomerate zahlreicher, wechselseitig nicht
mehr verständlicher Varietäten. Sie haben
einfache Lautsysteme mit Oral-/Nasalkontrast (Nasalvokale,
z.T. pränasalierte Okklusive) und sind
Tonsprachen mit häufig komplexen Tonveränderungsregeln.
Die Otomangue-Sprachen sind morphologisch wenig
komplex, können jedoch zahlreiche und z.T. mit
dem Verb verschmolzene Pro- und Enklitika (Aspekt,
Person, u.a.) haben. Meist steht das Verb in
Erstposition (VSO, Otopame VOS).
- Otopame-Sprachen
Zweig der Otomangue-Sprachen.
Sprachgebiet: mexikanische Bundesstaaten México
und Hidalgo. Die Otopame-Sprachen umfassen die
Otomi-Gruppe mit Otomí (ca. 300.000 Sprecher)
und Mazahua (ca.200.000 Sprecher), beide mit
mehreren unterschiedlichen Varietäten, sowie
einige kleinere Sprachen.
Literatur H. H. Hess, The Syntactic Structure of
Mezquital Otomi. The Hague 1968.
- Penuti-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe im Westen
der USA. Im engeren Sinne werden als Penuti-Sprachen
verschiedene Sprachen Kaliforniens (Wintu, Maidu,
Yokuts, Miwok) zusammengefaßt. Im weiteren Sinne
rechnet man den Penuti-Sprachen Sprachen aus
Oregon und Washington (Coos, Takelma; Klamath;
Sahaptin: Yakima, Nez Perce) sowie Chinook hinzu.
Die Zugehörigkeit des Tsimshian zu den Penuti-Sprachen
gilt als nicht gesichert. Mit Ausnahme des
Tsimshian (ca. 4.000) und Sahaptin/Yakima (ca. 3.000)
sind alle Penuti-Sprachen ausgestorben oder dem
Aussterben nahe. Die Penuti-Sprachen verfügen in
der Regel über komplizierte Lautsysteme und über
eine agglutinierende Morphologie, die jedoch
nicht ganz so komplex polysynthet. ist wie die
anderer Sprachen Nordamerikas. Das Verb steht überwiegend
in Erstposition. Meist handelt es sich um
Ergativsprachen.
Literatur M. Silverstein, Penutian: An Assessment.
L. Campbell & M. Mithun (eds.), The Languages
of Native America. Austin, Texas 1979, 650-691.
-- H. Aoki, Nez Perce Grammar. Berkeley 1970. --
B. Rigsby & N. Rude, Sketch of Sahaptin, a
Sahaptian Language. Handbook of North American
Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.), Languages.
Washington 1996, 666-692.
- Plains-Zeichensprache
Zeichensprache, die auf den nordamerikanischen
Great Plains weite Verbreitung hatte. Sie wurde
von Sprechern verschiedener Sprachen -- die
meisten Sprachgruppen Nordamerikas sind in den
Great Plains vertreten -- verwendet. Die in
diesem Gebiet verbreitete Bilderschrift besitzt
einige Piktogramme, die mit Zeichen der Plains-Zeichensprache
in Beziehung stehen.
Literatur D. J. Umiker-Sebeok & T. A. Sebeok
(eds.), Aboriginal Sign Languages of the Americas
and Australia. 2 vols. N.Y. 1978. -- B. Farnell,
Do You See What I Mean? Plains Indian Sign Talk
and the Embodiment of Action. Austin, Texas 1995.
- Popoloca-Sprachen
Zweig der Otomangue-Sprachen.
Sprachgebiet: nördliches Oaxaca und angrenzende
Gebiete in Mexiko. Mazatekisch (ca. 170.000
Sprecher) besteht aus mehreren unterschiedlichen
Varietäten, weitere Sprachen sind Popoloca und
Chocho.
- Quiche-Sprachen
Zweig der Maya-Sprachen im Hochland von
Guatemala mit mehr als 1,5 Mio. Sprechern.
Einzelsprachen, z.T. mit mehreren Varietäten,
sind Quiché-Achi (ca. 900.000), Cakchiquel (ca.
450.000), Tzutujil (ca. 50.000). Im weiteren
Sinne gehören zu den Quiche-Sprachen auch Kekchi
(ca. 275.000) und die Pokom-Sprachen (ca. 55.000).
Nach der spanischen Eroberung entstanden unter
Verwendung eines erweiterten lateinischen
Alphabets Texte in Quiche-Sprachen, deren
bedeutendste das mythologisch-historische Popol
Vuh und das Tanzdrama Rabinal Achi sind. Neuere
Alphabetisierungsversuche haben nur geringen
Erfolg. Die Quiche-Sprachen sind in ihrem
Verbreitungsgebiet Mehrheitssprachen mit z.T.
geringer Verbreitung von Spanisch als
Zweitsprache.
Literatur M. Dürr, Morphologie, Syntax und
Textstrukturen des (Maya-)Quiche des Popol Vuh.
Bonn 1987. -- J. P. Dayley, Tzutujil Grammar.
Berkeley 1985.
- Salish-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe in
British Columbia, Kanada, und Washington State,
USA, mit ca. 2.500 Sprechern. Die Salish-Sprachen
sind in zahlreiche Einzelsprachen und Dialekte
zergliedert, u.a. Flathead-Kalispel (ca. 800),
Shuswap (ca. 500) und Halkomelem (ca. 500).
Entfernter verwandt ist Bella Coola oder Nuxalk (ca.
150). Die Salish-Sprachen werden fast nur noch
von älteren Personen gesprochen. Sie ähneln
typologisch den benachbarten Wakash-Sprachen, mit
denen sie z.T. zur Mosan-Gruppe zusammengefaßt
werden.
Literatur L. C. Thompson, Salishan and the
Northwest. L. Campbell & M. Mithun (eds.),
The Languages of Native America. Austin, Texas
1979, 692-765. -- H. F. Nater, The Bella Coola
Language. Ottawa 1984. -- M. D. Kinkade, Salish
Evidence Against the Universality of "Noun"
and "Verb". Lingua 60, 1983, 25-40. --
B. D. Galloway, A Grammar of Upriver Halkomelem.
Berkeley 1993.
- Sioux-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe im
Zentrum und Südosten Nordamerikas. Wichtige
Sioux-Sprachen sind Crow (ca. 5.500) und Dakota
oder Sioux, das ein Dialektkontinuum (Varietäten:
Dakota, Lakota, Assiniboin, Stoney) mit ca. 25.000
Sprechern bildet. Einige nordamerikanische
Toponyme gehen auf Sioux-Wörter zurück wie
Dakota, Nebraska, Minnesota und Minneapolis (Sioux-griechische
Mischbildung zu minne "Wasser",
griechisch polis "Stadt"). Die
Morphologie der Sioux-Sprachen ist agglutinierend-fusionierend,
synthetisch bzw. leicht polysynthetisch.
Endstellung des Verbs. Die Sioux-Sprachen gehören
zum Typ der Aktivsprachen.
Literatur D. S. Rood, Siouan. L. Campbell & M.
Mithun (eds.), The Languages of Native America.
Austin, Texas 1979, 236-298. -- F. Boas & E.
Deloria, Dakota Grammar. Washington 1941. -- R. D.
Van Valin, Case Marking and the Structure of the
Lakhota Clause. In: J. Nichols & A. C.
Woodbury (eds.), Grammar Inside and Outside the
Clause. Cambridge 1985, 363-413. -- D. S. Rood
& A. R. Taylor, Sketch of Lakhota, a Siouan
Language. Handbook of North American Indians; vol.
17: I. Goddard (ed.), Languages. Washington 1996,
440-482.
- Taraskisch
Isolierte mesoamerikanische Sprache im
mexikanischen Bundesstaat Michoacán mit ca. 120.000
Sprechern. Genetische Beziehungen mit anderen
Sprachen (u.a. zu Quechua) gelten als unbewiesen.
T. besitzt ein Konsonantensystem mit aspirierten
Verschlußlauten und eine agglutinierend-polysynthetische
Morphologie. Anders als die meisten anderen
mesoamerikanischen Sprachen verfügt Taraskisch
über Kasusmarkierungen, nicht aber über
Pronominalaffixe am Verb.
Literatur P. Friedrich, Tarascan: From Meaning to
Sound. In: M. S. Edmonson (ed.), Linguistics.
Supplement to the Handbook of Middle American
Indians, vol. 2. Austin 1984, 56-82.
- Tlapanekisch
Mesoamerikanische Sprache im
mexikanischen Bundesstaat Guerrero mit ca. 70.000
Sprechern. Die Zugehörigkeit zu den Otomangue-Sprachen
oder zu den Hoka-Sprachen ist strittig.
Tlapanekisch ist eine der Sprachen Mexikos, bei
der Spanisch als Zweitsprache noch wenig
verbreitet ist. Es steht typologisch den
benachbarten Otomangue-Sprachen nahe.
- Totonakisch
Isolierte mesoamerikanische Sprache im
mexikan. Bundesstaat Veracruz und angrenzenden
Gebieten mit ca. 200.000 Sprechern. Genetische
Beziehungen des Totonakisch (und des eng
verwandten Tepehua) mit anderen Sprachen (Makro-Maya-Sprachgruppe)
werden überwiegend abgelehnt. Totonakisch
besitzt eine agglutinierend-polysynthetische
Morphologie. Subjekt, direktes und indirektes
Objekt werden im Verb durch ein komplexes, auf
einer Personenhierarchie beruhendes Affixsystem
koreferiert.
- Tsimshian
Isolierte nordamerikanische Sprache,
deren Zuordnung zu den Penuti-Sprachen als nicht
gesichert gilt. Sprachgebiet: Küste von British
Columbia, Kanada. ca. 4.000 Sprecher. Varietäten:
Küsten-Tsimshian (Sm'algyax), südliches
Tsimshian, Nisgha und Gitksian. Tsimshian
unterscheidet sich von den benachbarten Sprachen
(Wakash-Sprachen; Na-Dene-Sprachen) durch ein
vergleichsweise einfaches morphologisches System
des agglutinierenden Typs, das Reduplikation
intensiv nutzt, und durch Ergativität.
Literatur J. G. Mulder, Ergativity in Coast
Tsimshian. Berkeley 1994.
- Uto-Aztekische Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe mit ca. 1,8
Mio. Sprechern. Gliederung (in Auswahl, von Nord
nach Süd): Im Nordwesten der USA (Nevada und
angrenzende Staaten) angesiedelt sind Sprachen
des Numic-Zweiges (ca. 10.000) wie Shoshone oder
die Paiute-Sprachen, in Kalifornien Sprachen des
nahezu ausgestorbenen Takic-Zweiges wie Cahuilla
und Luiseño. Einen eigenen Zweig bildet das Hopi
in New Mexico. In Arizona und im Norden Mexikos
findet sich der Pimic-Zweig (ca. 30.000) mit Pima-Pagago
und den Tepehuan-Sprachen. In Mexiko gibt es drei
Zweige der uto-aztekischen Sprachen: Taracahitic
(ca. 140.000) mit Yaqui, Mayo und Tarahumara;
Corachol (ca. 65.000) mit Cora und Huichol; sowie
als südlichsten und sprecherreichsten Zweig
Aztecan (Nahuatl). Typologisch sind kennzeichnend:
einfache Phonemsysteme mit einer Verschlußreihe,
elaborierte agglutinierende Verbmorphologie, überwiegend
Verbendstellung, vielfach Verbendungen, die
Identität oder Verschiedenheit der Subjekte
aufeinander bezogener Sätze kennzeichnen (Switch
reference).
Literatur R. W. Langacker (ed.), Studies in Uto-Aztecan
Grammar. 4 vols. Arlington, Texas 1977ff. -- S.
Steele, Uto-Aztecan: An Assessment for Historical
and Comparative Linguistics. L. Campbell & M.
Mithun (eds.), The Languages of Native America.
Austin, Texas 1979, 444-544. -- W. Miller, Sketch
of Shoshone, a Uto-Aztecan Language. Handbook of
North American Indians; vol. 17: I. Goddard (ed.),
Languages. Washington 1996, 693-720.
- Wakash-Sprachen
Nordamerikanische Sprachgruppe an der Küste
von British Columbia, Kanada, ca. 2.500 Sprecher.
Wakash-Sprachen sind u.a. Kwak'wala oder Kwakiutl
(ca. 1.000) und Nootka (ca. 500). Sie haben mit
den benachbarten Salish- und Chemakum-Sprachen
typologisch viele Gemeinsamkeiten. Die genetische
Zusammenfassung dieser Sprachgruppen zur Mosan-Gruppe
wird heute überwiegend abgelehnt. Kennzeichnend
sind umfangreiche und komplizierte
Konsonantensysteme verbunden mit Neigung zu
Konsonantenclustern. Vokale haben einigen
Analysen zufolge nicht Phonemstatus, sondern sind
morphophonemisch im Silbengipfel mit Schwa oder
als Vokal realisierte Konsonanten. Im Nootka gibt
es keine Nasale. Die Wakash-Sprachen sind gute
Beispiele für den polysynthetischen Sprachtyp,
wobei das Morpheminventar, das z.T. mehrere
hundert Affixe umfaßt, nicht klar in Derivation
und Flexion geschieden werden kann. Hinsichtlich
der grammatischen Dimension Raum wird stark
ausdifferenziert. Evidentialität ist eine
wichtige Kategorie. Die Unterscheidung zwischen
Verben und Nomina ist wenig ausgeprägt, da die
prädikative Verwendung in Erstposition des
Satzes eher thematisch als semantisch bestimmt
ist.
Literatur W. H. Jacobsen, Wakashan Comparative
Studies. L. Campbell & M. Mithun (eds.), The
Languages of Native America. Austin, Texas 1979,
766-791. -- K. W. Whistler, Focus, Perspective,
and Inverse Person Marking in Nootkan. In: J.
Nichols & A. C. Woodbury (eds.), Grammar
Inside and Outside the Clause. Cambridge 1985,
227-265. -- W. H. Jacobsen, Noun and Verb in
Nootkan. In: The Victoria Conference on
Northwestern Languages, 1976. Victoria 1979, 83-155.
- Yukatekisch (oft
auch: Maya)
Maya-Sprache auf der Halbinsel Yucatán, Mexiko
und Belize, mit ca. 750.000 Sprechern. Varietäten:
Yukatekisch im engeren Sinne, Lacandon, Mopan,
Itza. In vorspanischer Zeit wurde die Maya-Schrift
verwendet, in der Kolonialzeit entstanden Texte
unter Verwendung des lateinischen Alphabets.
Neuere Alphabetisierungsversuche haben nur
geringen Erfolg, obwohl die Tradition der
Dorfchroniken noch vereinzelt fortgesetzt wird.
Yukatekisch ist im Verbreitungsgebiet
Mehrheitssprache, jedoch mit Spanisch als
allgemein verbreiteter Zweitsprache und mit
zahlreichen spanischen Lehnwörtern (z.B. Zahlen
ab 4 oder 5).
Literatur R. W. Blair, Yucatec Maya Noun and Verb
Morpho-syntax. Diss., Bloomington 1964. -- M.
MacClaran Stefflre, Lexical and Syntactic
Structures in Yucatec Maya. Diss., Cambridge,
Mass. 1972. -- G. Bevington, Maya for Travellers
and Students. Austin, Texas 1995.
- Zapotekische Sprachen
Zweig der Otomangue-Sprachen.
Sprachgebiet: östliches Oaxaca in Mexiko. Unter
Zapotekisch (ca. 420.000 Sprecher) im engeren
Sinne werden mehrere Sprachen und Dialekte
subsumiert, unter Zapotecan-Sprachen weiterhin
Chatino. Die zapotekische Hieroglyphenschrift (spätestens
ab 300 v. Chr.) ist nur ansatzweise entziffert.
Aus dem 16. und 17. Jahrhundert existieren
historisch-administrative Texte in lateinischer
Alphabetschrift, heute gibt es Schriftlichkeit
nur im Rahmen regionaler Folklore.
Literatur S. A. Marlett, Some Aspects of
Zapotecan Clausal Syntax. Workpapers of the
Summer Institute of Linguistics 29, 1985, 83-154.
- Zuni
Isolierte nordamerikanische Sprache in
New Mexico, USA. ca. 5.000 Sprecher, wird z.T.
der Makro-Penuti-Sprachgruppe zugerechnet.
Literatur S. Newman, Sketch of the Zuni Language.
Handbook of North American Indians; vol. 17: I.
Goddard (ed.), Languages. Washington 1996, 483-506.
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